Bereits im Zeitraum von 2009 bis 2013 hat es in Rosenheim einen Versuch gegeben unter Beteiligung der Öffentlichkeit ein Stadtentwicklungskonzept zu erarbeiten. Die Ergebnisse von Rosenheim 2025 sind hier abrufbar und sollen auch in die Bestandsaufnahme der Planer für das aktuelle ISEK (Integriertes Stadtentwicklungs Konzept) einfließen. Eine kritische Bilanz des Rosenheimer Forums für Städtebau und Umweltfragen vom 12.5.2017 stellt konkrete Forderungen:

Eine Stadtplanung für die Zukunft

Bereits im Jahr 2009 hat sich der Rosenheimer Stadtrat mit Vorbereitungen für ein Stadtentwicklungskonzept „Rosenheim 2025“ befasst. Im November 2011 wurde es dann mit hohen Erwartungen unter Einbindung der Öffentlichkeit gestartet. Nachdem zwischenzeitlich Informationen und Diskussion um das Konzept verstummten, blieben Ende 2016 von dem erhofften integrierten Konzept zwei unverbundene Themenbereiche übrig: Wohnen und Verkehr. Aber auch die Verabschiedung dieses Restes zögert sich immer weiter hinaus. Ob „Rosenheim 2025“ jemals noch verabschiedet wird, ist fraglich. Dies gilt umso mehr als momentan das Einzelhandelskonzept aktualisiert wird. Eine Verbindung dieser drei Handlungsfelder ist nicht erkennbar. Dem Rosenheimer Forum für Städtebau und Umweltfragen ist es deshalb ein Anliegen, die Bedeutung eines umfassenden Stadtentwicklungskonzepts und die eigenen Vorstellungen dazu zu formulieren:

Wir plädieren für eine Stadtplanung, die auf Stadtteilebene die Alltagsbelange der Menschen verbessert, und auf gesamtstädtischer oder interkommunaler Ebene Zukunftsaspekte eines Oberzentrums bearbeitet. Gleich um welche Belange es sich handelt, ist eine vorausschauende Entwicklungsplanung notwendig. Denn aus der Summe von Einzelentscheidungen ist kein stimmiges Entwicklungskonzept zu erwarten. Außerdem ergeben sich mit einer Planung auf Stadtteilebene gute Möglichkeiten, die Bürgerbeteiligung zu intensivieren. In ihrem Stadtteil wird den Menschen Stadtplanung klarer, konkret erfahrbar und in ihren Konsequenzen für ihr Wohnumfeld deutlicher.

  • Rosenheim hat als Oberzentrum und wegen seiner Größe mehr Aufgaben zu erfüllen als kleinere Kommunen mit geringerer Zentralität.
    Wie diese Kommunen hat sie erstens den Grundbedarf (täglichen Bedarf; z.B. Kindergärten, Grundschulen) der eigenen Bevölkerung zu decken. Darüber hinaus sind zweitens der periodische und der spezialisierte Bedarf der Menschen in Rosenheim und den umliegenden Gemeinden zu decken (z.B. Krankenhaus, Bildungseinrichtungen, Behörden).
  • Rosenheim hat Stadtteile, die viele umliegende Gemeinden an Bevölkerungszahl übertreffen.
    Den Stadtteilen sollten die Aufgaben von Grundzentren übertragen werden. Denn eine Stadtstruktur, die an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet ist, wird in den Stadtteilen alle die Funktionen sicherstellen, die den Alltag der Menschen erleichtern. Neben Wohnen sollte es im Stadtteil auch Bildungseinrichtungen, soziale Einrichtungen und Treffpunkte, öffentliche Räume mit Aufenthaltsqualität, Nahversorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs und auch Arbeitsmöglichkeiten geben. Dadurch werden die täglichen Wegstrecken der Menschen zwischen diesen verschiedenen Funktionen möglichst kurz gehalten, der Fußgänger- und Radverkehr gestärkt und Zeit eingespart gegenüber einer Struktur, in der die Tätigkeiten des Alltags (Daseinsgrundfunktionen) räumlich separiert sind. Auch wird die Teilhabe älterer Menschen am städtischen Leben dadurch erleichtert. Deshalb ist aus unserer Sicht ein wesentlicher Baustein eines Stadtentwicklungskonzepts darin zu sehen, dass für die Stadtteile Entwicklungskonzepte erarbeitet werden. Das erfordert erstens eine Untergliederung des Stadtgebiets nach Stadtteilen, zweitens eine Bestandsaufnahme mit Bestimmung von Stärken und Schwächen im jeweiligen Stadtteil, drittens Vorstellungen zur Optimierung der Stadtteilstruktur und viertens die Beteiligung der Stadtteilbevölkerung an der Erarbeitung eines entsprechenden Konzepts.
  • Auf gesamtstädtischer Ebene sind in einem Konzept diejenigen Aufgaben zu fassen, die den Rahmen eines Stadtteils sprengen.
    Dazu gehören Einrichtungen wie Krankenhaus, Universität, weiterführende Schulen, Berufsschulen, BOS, Kuko, spezialisierter Einzelhandel usw. Der Bedarf an solchen Einrichtungen und die Entwicklungsmöglichkeiten solcher Einrichtungen müssen in einem Standortkonzept festgehalten werden. Darin sind die Standortanforderungen der Einrichtungen und die Eignung potenzieller Flächen miteinander abzuwägen. Das erfordert z.B. die Entscheidung, ob Rosenheim ein neues und ein größeres Eisstadion oder neue Einkaufszentren braucht und welche Standorte dafür prinzipiell in Frage kommen. Gegebenenfalls müssen geeignete Flächen im Konzept als Option festgehalten und reserviert werden. Ferner wäre auszuschließen, dass solche Einrichtungen auf anderen Flächen geplant werden.
  • Eine wichtige gesamtstädtische und regionale Funktion besteht in der Bewältigung des Verkehrs, der über die Stadtteile hinausgeht.
    Hier sind der MIV (auch „ruhender Verkehr“) und der ÖPNV mit gleicher Aufmerksamkeit zu bearbeiten und miteinander zu verzahnen. Wo möglich sollte der ÖPNV den Vorzug erhalten. Mit der Unterscheidung in der Planung zwischen gesamtstädtischen und stadtteilbezogenen Aufgaben verbessern sich die Möglichkeiten zu einer (integrierten) Verkehrsplanung. Jede Nutzung – egal ob Wohnen, Arbeiten, Einkaufen usw. – ist mit Verkehr verbunden. Auf Stadtteilebene kann das Verkehrsaufkommen leichter bewältigt werden, wenn man den gesamtstädtischen und regionalen Verkehr aus den Stadtteilen möglichst fernhält und Ausweichverkehre durch die Stadtteile verhindert. Auf Gesamtstadtebene kann für jede bestehende oder künftige Aufgabe und Nutzung das damit verbundene Verkehrsaufkommen kalkuliert werden. Das ermittelte Verkehrsaufkommen ist auf das Straßennetz und die vorhandenen oder auszubauenden ÖPNV-Netze zu übertragen.
  • Es ist unbestreitbar, dass die Trennung zwischen Stadt und Stadtteil nicht überall problemlos ist.
    Hier ist es besonders wichtig, unter Einbeziehung der Bevölkerung die Perspektive aus Stadtteilen und aus der Gesamtstadt gegeneinander abzuwägen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung sind frühzeitige, verständliche und umfassende Informationen sowie ergebnisoffene Diskussionen.

Das Rosenheimer Forum für Städtebau und Umweltfragen hofft, mit diesen grundsätzlichen Überlegungen die Diskussion um ein Stadtentwicklungskonzept am Leben zu erhalten.

Rosenheim, 12.5.2017

gez. Vorstand
Claudia Grosse, Dr. Hermann Biehler, Rainer Heinz

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